Evakuierungen mit Sprachalarmanlagen
Sicherheitsgewinn durch klare, objektspezifische Ansagen Erstveröffentlichung in der WIK (Nr. 6, Dezember 2015)
Um das Sicherheitspotential von Sprachalarmierungsanlagen, etwa im Falle von Evakuierungen, zu nutzen, wird Professionalität benötigt. Das gilt sowohl für die Konzeption der Texte als auch für die Audioproduktion der Sprachansagen für die Sprachspeicher.
Sprachdurchsagen zur Alarmierung anstelle von Sirenengeheul – mit der konsequenten Entscheidung für dieses Prinzip begann im neuen Jahrtausend eine neue Epoche der Gebäudesicherheitstechnik. Sprachdurchsagen bewirken klarere, eindeutigere, zielgerichtete Informationen und ermöglichen erheblich schnellere Gebäuderäumungen in Notfällen. Sie sind also deutlich wirksamer als konventionelle Tonsignale. Schon seit langem lassen moderne Lautsprecheranlagen flächendeckend verständliche Sprachübertragungen zu – weshalb diese also nicht als Sicherheitsstandard vereinbaren?
Diesem Gedanken folgend wurde im Jahre 2000 eine neue Muster-Versammlungsstättenverordnung verabschiedet, die DIN EN 60849 Elektroakustische Notfallwarnsysteme (ENWS) war schon seit 1998 in Kraft, und mit der DIN VDE 0833-4 Sprachalarmanlagen (SAA) war das Regelwerk-Paket anno 2007 komplett. Verursacht wurde eine wahre Investitionslawine – Versammlungsstätten, Verkehrsbauwerke, Firmengelände, Einkaufspassagen werden seitdem aufwändig mit normgerechter ELA-Technik ausgerüstet.
Spracharme Sprachalarmierung
Dabei wurde gelegentlich vor lauter Kabelziehen, Lautsprechermontagepunkte finden, ELA-Zentralen umbauen, Leitstellenbedienungen umrüsten und minutiösem STI-Vermessen der ursächliche Sinn der SAA-Technik etwas aus den Augen verloren: lebensrettende sprachliche Anweisungen an Menschen in Gefahr zu übermitteln .
STI = Speech Transmission Index, also der Sprachübertragungsindex. Physikalisch messbare Kenngröße, mit der man das Potential der Sprachverständlichkeit bestimmt, normativ festgelegt in der DIN EN 60268-16.
Folglich ist es notwendig, Sprachansagen sehr exakt zu gestalten – mit Blick auf:
- Was sagt man an?
- Wie sagt man es an?
Zwei einfache Fragen, die sorgfältig geklärt werden sollten. Leider werden nach unseren Erfahrungen immer wieder in letzter Minute Ansagetexte in fragwürdiger Ausführung hergestellt, oder gar schlichtweg unüberlegt aus anderen Projekten übernommen.
Die genannten Normen geben nur knappe Hinweise zur sprachlichen Ausführung, verborgen im Anhang D der DIN VDE 0833-4 (s. Kasten) oder auf eine Zeile beschränkt in der Systembeschreibung der DIN EN 60849 (Abschnitt 4.1i) – in der Relation zu dutzenden Seiten technischer Reglementierungen in beiden Normen wird das Dilemma erkennbar: Ausgerechnet bei der Sprache klafft die entscheidende Lücke in der Sprachalarmierung – eine Lücke ganz vorn am Anfang der Sprachalarmierungskette, also vor dem Mikrofon beziehungsweise innerhalb des Sprachspeichers.
DIN VDE 0833-4 Festlegungen für Anlagen zur Sprachalarmierung im Brandfall, Anhang D:
„Im Brandfall benötigen Menschen klare Informationen und konkrete Handlungsanweisungen. Inhaltlich richtige Informationen bei Brandfalldurchsagen sind entscheidend für das darauf folgende Verhalten der Betroffenen. Je besser die Informationen und Anweisungen, desto besser ist dementsprechend auch das Verhalten der Personen.“
Für die Gestaltung von Brandfalldurchsagen sollte sichergestellt sein:
- Die Brandschutzdurchsagen sollten vorher aufgenommen und vorbereitet sein und automatisch bei Brandalarm durchgegeben werden, entweder sofort oder nach einer vereinbarten Verzögerungszeit. Die Durchgabe darf nicht von der Anwesenheit einer Person abhängen.
- Der Inhalt der Durchsagen sollte mit den zuständigen Stellen (Brandschutzdienststelle. Brandschutzbeauftragter) abgestimmt sein.
- Die Durchsagen sollten wichtige Verhaltensrichtlinien enthalten, die eine Panik und ungewünschte Reaktionen vermeiden (z. B. Hinweis auf die Nichtbenutzung von Aufzügen).
- Sie sollten klar, kurz, eindeutig und – soweit praktikabel – vorher geplant sein.
- Brandfalldurchsagen zum Brandalarm sollten nicht mit anderen Durchsagen, wie z. B. Mittagspause, Arbeitsbeginn und -ende verwechselt werden und nicht zeitgleich ausgestrahlt werden können.
Sie sollten auf das zu erwartende Publikum abgestimmt sein, z. B. fremdsprachliche Texte, sollte jedoch nicht aus mehr als vier verschiedenen Sprachen bestehen.